Employer Branding für Arztpraxen
Wie Sie zum attraktiven Arbeitgeber werden
Der Wettbewerb um qualifiziertes Personal im Gesundheitswesen ist so hart wie nie zuvor. Der Fachkräftemangel macht auch vor Arztpraxen nicht halt. Besonders Medizinische Fachangestellte (MFA) sind stark gefragt, aber schwer zu finden und noch schwieriger zu halten. Eine aktuelle Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung zeichnet ein alarmierendes Bild: Etwa 65% der MFA verlassen ihren Arbeitgeber innerhalb der ersten fünf Jahre. Die Hauptgründe sind mangelnde Wertschätzung, fehlende berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und eine als unzureichend empfundene Work-Life-Balance. Genau hier setzt Employer Branding an – der Schlüssel, um sich als attraktive Arbeitgebermarke zu positionieren und sowohl neue Mitarbeitende zu gewinnen als auch bestehende langfristig zu binden.
Warum ist Employer Branding so wichtig für Arztpraxen?
Employer Branding bezeichnet den systematischen Aufbau und die kontinuierliche Pflege einer authentischen Arbeitgebermarke. Es ist weit mehr als nur Personalmarketing oder die Gestaltung attraktiver Stellenanzeigen. Es geht darum, dass sich Ihre Praxis positiv von anderen abhebt – nicht nur bei potenziellen Mitarbeitenden, sondern auch bei Ihrem bestehenden Praxisteam.
Ein durchdachtes Employer Branding wirkt sich nachweislich positiv auf verschiedene Bereiche aus:
- Qualifizierte Bewerber melden sich proaktiv bei Ihnen
- Die Mitarbeiterfluktuation sinkt bei gleichzeitig steigender Zufriedenheit
- Recruitingkosten reduzieren sich und der Bedarf an teurer Zeitarbeit sinkt
- Motivierte Mitarbeiter leisten bessere Arbeit, was sich direkt auf die Patientenzufriedenheit auswirkt
In Zeiten des Arbeitnehmermarktes, in dem Fachkräfte aus mehreren Angeboten wählen können, spielen Faktoren wie Work-Life-Balance, Entwicklungsmöglichkeiten und Wertschätzung eine entscheidende Rolle. Employer Branding hilft, Ihre Praxis als wertschätzenden, modernen und zukunftssicheren Arbeitgeber zu positionieren.
Wie wird eine Praxis zu einem attraktiven Arbeitgeber?
1. Definieren Sie Ihre Arbeitgebermarke
Der erste Schritt ist die klare Definition Ihrer Arbeitgebermarke, auch als Employer Value Proposition (EVP) bekannt. Dafür ist eine gründliche Analyse Ihrer aktuellen Position als Arbeitgeber unerlässlich:
Führen Sie eine interne Analyse durch:
- Anonyme Mitarbeiterbefragungen durchführen
- Kündigungsgründe ehemaliger Mitarbeiter analysieren
- Aktuelle Benefits und Arbeitsbedingungen erfassen
- Stärken und Schwächen als Arbeitgeber identifizieren
Untersuchen Sie parallel das externe Umfeld:
- Regionale Wettbewerbssituation analysieren
- Erfolgreiche Arbeitgeber in Ihrer Region beobachten
- Aktuelle Trends im Gesundheitsarbeitsmarkt erfassen
- Bedürfnisse verschiedener Bewerbergruppen ermitteln
2. Bieten Sie eine faire Vergütung und attraktive Benefits
Ein wettbewerbsfähiges Gehalt ist die Grundlage. Zahlen Sie mindestens nach MFA-Tarifvertrag, falls Sie weniger zahlen wird dies als unfaires Gehalt von den MFA gewertet. Es empfiehlt sich, das monatliche Grundgehalt durch weitere monetäre Benefits aufzustocken:
- 13. Gehalt
- Sonderzahlungen, wie Urlaubsgeld oder Prämien bei Zielerreichung
- Zuschüsse zur Kinderbetreuung
- Zuschüsse für den öffentlichen Verkehr oder Tankgutscheine
- Vermögenswirksame Leistungen
- Betriebliche Altersvorsorge
- Essenszuschuss
Aber auch die nicht-monetären Benefits machen den Unterschied bei der Bewertung, ob ein Arbeitsplatz als attraktiv von MFA wahrgenommen wird:
- Flexible Arbeitszeitmodelle
- Zusätzliche Urlaubstage
- Gesundheitsförderprogramme
- Weiterbildungsbudgets
- Home Office
- 4-Tage Woche
- Regelmäßige Teamsitzungen und persönliche Entwicklungsgespräche
- Unbefristeter Arbeitsvertrag
- Aufstiegsmöglichkeiten
- Mitbestimmungsrecht und Freiheiten für den eigenen Verantwortungsbereich
- Selten Überstunden bzw. Freizeitausgleich
3. Schaffen Sie ein modernes Arbeitsumfeld
Die Arbeitsbedingungen in der Praxis beeinflussen die Zufriedenheit der Mitarbeitenden erheblich. Dazu gehören:
- Moderne technische Ausstattung
- Ergonomische Arbeitsplätze
- Digitale Prozesse, um administrative Arbeiten zu erleichtern
- Ruhige Pausenräume mit kostenloser Verpflegung
4. Fördern Sie Weiterentwicklung und Karriere
Karrierechancen sind ein entscheidender Faktor bei der Wahl eines Arbeitgebers. Entwickeln Sie individuelle Karrierepfade für Ihre Mitarbeiter:
- Regelmäßige interne und externe Schulungen
- Fortbildungen mit dediziertem Budget
- Möglichkeiten zum Hineinwachsen in Führungspositionen
- Spezialisierungsmöglichkeiten
- Mentoring-Programme
- Übernahme zusätzlicher Verantwortungsbereiche
Eine klare Kommunikation über Entwicklungsperspektiven erhöht die Bindung Ihrer Mitarbeitenden. Finden Sie heraus, wohin einzelne MFA möchten, ob dies mit Ihren Praxiszielen vereinbar ist und wie Karrierewunsch und Praxiserfolg miteinander vereinbar sind, sodass beide Seiten davon profitieren.
5. Pflegen Sie eine wertschätzende Unternehmenskultur
Ein gutes Arbeitsklima ist Gold wert. Wertschätzende Führung, offene Kommunikation und regelmäßige Teamevents tragen dazu bei, eine positive Atmosphäre zu schaffen. Mitarbeitende, die sich als Teil eines starken Teams fühlen, sind motivierter und bleiben länger. Ideen und Meinungen sollten immer ein offenes Ohr finden. Ermutigen Sie Ihr Team sich einzubringen. Wo es geht, können Mitarbeitende mitbestimmen. Wenn ein Vorschlag nicht umgesetzt werden kann, erläutern Sie den Grund. Das schafft Vertrauen und das Team fühlt sich dennoch involviert und gehört.
5. Kommunikation nach innen und außen
Die Art und Weise, wie Sie das Ausscheiden eines Mitarbeiters kommunizieren, hat großen Einfluss auf die Stimmung im Team und das Vertrauensverhältnis zu Patienten. Informieren Sie zunächst das Team persönlich über den bevorstehenden Weggang. Geben Sie ihnen die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Bedenken zu äußern.
Sprechen Sie auch offen an, wie die Aufgaben in der Übergangszeit verteilt werden. Vermeiden Sie dabei eine zusätzliche Belastung einzelner Mitarbeiter. Prüfen Sie stattdessen, ob externe Unterstützung, zum Beispiel durch qualifizierte Zeitarbeitskräfte, sinnvoll ist.
Die Information der Patienten sollte ebenfalls mit Bedacht erfolgen. Gerade wenn die scheidende MFA einen engen Kontakt zu bestimmten Patienten hatte, ist eine persönliche Information durch sie selbst oft am besten. So kann sie sich von “ihren” Patienten verabschieden und gleichzeitig die Nachfolge ankündigen.
Employer Branding sichtbar machen
Eine starke Arbeitgebermarke bringt wenig, wenn sie nicht kommuniziert wird. Nutzen Sie verschiedene Kanäle, um Ihre Praxis zu präsentieren:
1. Karriere-Website
Ihre Website ist oft der erste Kontaktpunkt für Bewerbende. Gestalten Sie eine ansprechende Karriereseite, auf der Sie:
- Ihre Werte und Benefits darstellen
- Ihr Team vorstellen
- Offene Stellen klar kommunizieren
2. Social Media
Plattformen wie Instagram und TikTok eignen sich hervorragend, um den Praxisalltag zu zeigen. Dies ist besonders effektiv für die Ansprache der jüngeren Generation von MFAs. Teilen Sie:
- "Day in the Life"-Stories von Mitarbeitern
- Behind-the-Scenes-Einblicke
- Team-Events und Fortbildungen
- Mitarbeiter-Portraits
- Ausbildungs- und Praktikumsberichte
- Interaktive Formate wie Fragen & Antworten
Praktisch umgesetzt könnte dies wie folgt aussehen:
- Erstellen Sie einen Content-Kalender
- Planen Sie 2-3 Posts pro Woche
- Mischen Sie verschiedene Formate (Fotos, Videos, Stories)
- Beziehen Sie Ihr Team in die Content-Erstellung ein
- Reagieren Sie aktiv auf Kommentare und Nachrichten
Wenn Sie selbst nicht Social Media-affin sind, könnte dies eine motivierende Nebenaufgabe für eine/n MFA aus dem Team sein, die/der sich damit auskennt und Spaß daran hat.
3. Bewertungsplattformen
Es gibt Arbeitgeberbewertungsplattformen, wie kununu, die von Praxen bzw. kleineren Betrieben nicht genutzt werden. Aber PatientInnen bewerten Ihre Praxis sicher häufig über Portale wie Google oder Jameda. Achten Sie darauf, dass dort positive Bewertungen über Ihre Praxis zu finden sind. Denn, wo die Patienten zufrieden sind, sind es meist auch die Mitarbeitenden. Vereinzelte negative Kommentare können Sie kommentieren und richtig stellen, damit sie nicht mehr abschreckend auf potenzielle MFA-KandidatInnen bzw. zukünftige PatientInnen wirken.
4. Netzwerke und lokale Präsenz
Kooperieren Sie mit Berufsschulen und machen dort auf offene Azubi-Stellen aufmerksam. Oft gibt es WechslerInnen oder baldige ausgelernte MFA, die nicht in ihrer Ausbildungspraxis bleiben möchten oder können. Wenn es lokale Jobmessen oder Infoveranstaltungen gibt und Ihre Kapazität dies erlaubt, zeigen Sie dort mit Ihrem Praxisteam Präsenz. Das schafft Vertrauen in Ihrer Zielgruppe und man lernt sich schon einmal ganz ungezwungen kennen.
Erfolgsmessung und Optimierung
Um den Erfolg Ihrer Employer-Branding-Maßnahmen messbar zu machen, sollten Sie verschiedene Kennzahlen (KPIs) definieren und regelmäßig überprüfen:
Quantitative KPIs:
- Anzahl und Qualität der Bewerbungen
- Mitarbeiterfluktuation
- Krankheitstage
- Bewerbungen auf Empfehlung
- Social Media Engagement
- Website-Traffic auf Karriereseiten
Qualitative KPIs:
- Mitarbeiterzufriedenheit
- Qualität der Mitarbeiter-Arbeitgeber-Beziehung
- Arbeitgeberimage
- Teamatmosphäre
- Engagement der Mitarbeiter
Fazit: Employer Branding als kontinuierlicher Prozess
Erfolgreiches Employer Branding ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess der Weiterentwicklung. Es erfordert Zeit, Budget und echtes Commitment der Praxisführung. Entscheidend ist die Authentizität: Ihre externe Kommunikation muss mit der internen Realität übereinstimmen.
Die Investition in Ihre Arbeitgebermarke ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit Ihrer Praxis. In Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels wird sie zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil bei der Gewinnung und Bindung qualifizierter Mitarbeiter. Professionelle Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung Ihrer Employer-Branding-Strategie finden Sie bei spezialisierten Karriereplattformen für den medizinischen Bereich.